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Wenn Sie sich für einen Partner entschieden haben, der schon einmal verheiratet war, dann lieben Sie „einen Menschen mit Vergangenheit“– und vermutlich hat Ihr Partner in der Zeit der Trennung und auch danach schmerzvolle Erfahrungen gemacht. Manchmal brauchen diese Menschen länger, um sich noch einmal (ganz) auf eine Partnerschaft einzulassen, weil sie erlebt haben, dass eine Liebesbeziehung in die Brüche gehe kann (auch die, bei denen man sich vielleicht vorher sehr sicher war) und dass das in der Regel mit einer tiefgehenden Lebenskrise verbunden ist. Es werden zwar in Deutschland 1/3 aller Ehe geschieden – aber natürlich glaubt jede(r), der heiratet, dass er nicht dazu gehören wird. Wenn man dann aber eine Scheidung erlebt hat, dann ist die Angst vor erneutem Scheitern vielleicht groß und kann dazu führen, dass man sehr viel Harmonie in der neuen Beziehung braucht und erwartet – es gibt sozusagen fast einen „Erfolgsdruck„, weil „es nicht noch einmal schief gehen darf“.

Wenn Sie Kinder haben und eine neue Beziehung eingehen oder als neuer Partner in eine Patchworkfamilie kommen, dann sollten Sie sich Folgendes bewusst machen:

Beziehungen brauchen Zeit, um zu wachsen.

Vor allem die der Kinder zu dem neuen Stiefelternteil! In der Regel werden die Kinder den Stiefelternteil als „Eindringling“ erleben, vor allem dann, wenn er/sie versucht, den realen Papi bzw. die Mami zu ersetzen. Der neue Partner wird nie Vater oder Mutter sein (denn das würde die Kinder in einen Loyalitätskonflikt gegenüber dem anderen Elternteil bringen).
Kurz gesagt: Ihre neue Liebe ist nicht die Liebe der Kinder! Sie haben sich für diesen Partner entschieden – nicht Ihre Kinder.

(Siehe auch mein Blog: Trennung- wie sagen wir es den Kindern?) https://paar-fit.de/trennung-wie-sagen-wir-es-den-kindern/

Der neue Partner kommt in ein bestehendes System mit eigenen Regeln und Traditionen

– er hat es diesbezüglich nicht immer leicht.

Trennungen brauchen Zeit, um verarbeitet zu werden.

Das gilt nicht nur für die Erwachsenen, sondern genauso für die Kinder. Es gibt Phasen von Nichtwahrhabenwollen und (falschen) Hoffnungen („vielleicht kommen Mama und Papa doch wieder zusammen“) und Phasen der Wut und der Trauer. Erst am Ende dieses Prozesses kommt (hoffentlich) das Verstehen und Akzeptieren.

Als neuer Partner sind Sie „der Zweite

das muss man anerkennen, um nicht mit dem getrennt lebenden Partner in einen Konkurrenzkampf zu geraten. Sprechen Sie nie vor den Kindern schlecht von dem anderen Elternteil – damit schüren Sie bei den Kindern nur Skepsis und Abneigung (weil diese loyal mit ihrem Elternteil sein müssen). Die zerbrochene Familie muss geachtet werden, der Expartner muss respektiert werden (auch dann, wenn er Fehler macht!).

Der Stiefelternteil sollte sich in Bezug auf die Kindererziehung zurück halten

– für die Erziehung sind zunächst einmal die Eltern zuständig. Das ist natürlich nicht einfach, wenn man unter einem Dach lebt, aber machen Sie sich klar, dass Erziehung nur dann funktionieren kann, wenn man vorher eine tragfähige Beziehung zu den Kindern aufgebaut hat (und nicht umgekehrt!). Je älter die Kinder sind, um so weniger werden sie sich von dem Stiefelternteil sagen lassen wollen, vor allem dann, wenn überwiegend Kritik von ihm kommt.

Wenn möglich, ziehen Sie mit der neuen Familie in eine andere Wohnung

– dann haben die Kinder weniger das Gefühl, dass der andere Elternteil einfach ersetzt werden soll. Und der neue Partner kann die Umgebung mit entscheiden und gestalten.

Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie in einer Patchworkfamilie dasselbe Vertrauen und dieselbe Verbundenheit finden werden wie in der Ursprungsfamilie!

Wenn sich alle akzeptieren und freundlich miteinander umgehen, ist schon viel erreicht – man muss sich nicht lieben! Und manchmal kann der neue Partner gerade durch seine „Distanz“ eine Bereicherung für das Kind sein – Fachleute sprechen in dem Zusammenhang vom „Bonuselternteil„. So können alle soziale Kompetenz voneinander lernen.

Unternehmen Sie als Stiefelternteil auch mal etwas alleine mit den Stiefkindern

– am besten etwas, das Sie auch gerne tun und allen Spaß macht.

Rechnen Sie damit, dass die Kinder Verluste erlitten haben, die dazu führen, dass sie nicht immer „funktionieren“;

dann können Sie Wutausbrüche und abweisendes Verhalten gelassener nehmen.

Verbringen Sie als leiblicher Elternteil Zeit mit Ihren Kindern ohne den neuen Partner (Exklusivzeit),

vor allem bei den Übergängen, also wenn die Kinder wechseln. Die Kinder brauchen Zeit, um sich von der einen Welt auf die andere umzustellen und das geht am einfachsten mit einer vertrauten Person. Machen Sie auch mal alleine Urlaub mit den Kindern oder zumindest ein „Kinderwochenende“.

Der leibliche Elternteil macht oft – aus einem Schuldgefühl heraus – zu viel für die Kinder

und sollte sich öfter fragen: Würde ich das auch machen, wenn ich noch mit meinem (meiner) Ex zusammen wäre? Manchmal treten die getrennt lebenden Eltern in eine Art Konkurrenzkampf in Bezug auf Aktivitäten/Geschenke/Zuneigung/Erlaubnisse, was die Kinder schnell auszunutzen wissen („Beim Papa darf ich viel länger am Computer spielen“. „Bei der Mama muss ich nie so früh ins Bett.“)

Wenn Sie von Ihrem Partner verlassen wurden: die Trauerarbeit braucht Zeit!

Es ist zunächst in Ordnung, wütend, verletzt und gekränkt zu sein. Auf Dauer jedoch ist es wichtig, sich mit den eigenen Anteilen am Scheitern der Beziehung zu beschäftigen und auf die Suche nach den unerledigten „Lebensthemen“ zu gehen (eventuell mit Hilfe einer Psychotherapie). Es wäre für Sie (und für Ihre Kinder) wichtig, dass Sie irgendwann auch das Positive an der vergangenen Beziehung würdigen und sich innerlich versöhnen können (nach dem Prinzip: „Schätze unter Trümmern finden“). Am Ende kommt es auch Ihrer neuen Beziehung zugute, wenn Sie verzeihen können.

siehe auch mein Blog zum Thema Trennung: https://paar-fit.de/gehen-oder-bleiben/

Wenn Ihr Partner verlassen wurde:

hören Sie ihm zu, fangen Sie ihn auf, wenn es ihm schlecht geht, aber gießen Sie nicht Öl ins Feuer. Zum Scheitern gehören in der Regel zwei Menschen und Sie sehen nur die Sichtweise Ihres Partners. Wenn es immer wieder Auseinandersetzungen mit dem/der Ex gibt, wird das auf Dauer auch Ihre Beziehung belasten und die Kinder leiden sowieso darunter. So kann niemand zur Ruhe kommen.

Wenn Sie sich mit Ihrem /Ihrer Ex gar nicht in Bezug auf Unterhalt und Sorgerecht/Besuchsregeln usw. einigen können

– suchen Sie fachliche Hilfe auf. Das können entweder SozialarbeiterInnen bei Erziehungsberatungsstellen oder dem Jugendamt sein oder Mediatoren (die dafür eine eigene Ausbildung gemacht haben), aber nicht die Rechtsanwälte! Rechtsanwälte verdienen an jedem Brief, den sie für Sie schreiben. Wenn beide Partner einen eigenen Rechtsanwalt haben, kann es dazu führen, dass es Sie viel Zeit, Geld und Nerven kosten wird, bis Sie geschieden sind. Wenn möglich, nehmen Sie sich einen gemeinsamen Rechtsanwalt!

Wenn Sie mit Ihren Kindern zu Ihrem neuen Partner gezogen sind:

vergessen Sie nicht, sich bei ihm regelmäßig zu bedanken für das, was er für Ihre Kinder tut. Er ist nicht der leibliche Vater oder die leibliche Mutter – und deswegen ist das nicht selbstverständlich. Vermutlich macht er/sie das zunächst aus Liebe zu Ihnen – und dafür hat er/sie Wertschätzung und Anerkennung verdient, denn er/sie verzichtet auf einiges – z.B. auf Zeit mit Ihnen alleine.

Das Paar in einer Zweitehe mit Kindern des Partners hat von Anfang an wenig Zeit zu zweit, weil ja die Kinder sofort da sind. Deswegen: Pflegen Sie Ihre Beziehung!

Genießen Sie Ihre wenige Zeit alleine,

z.B. wenn die Kinder beim Expartner sind, denn für die ist es auch wichtig, dass Ihre Beziehung ausgeglichen und stabil ist. Sie haben es sich verdient, dass Sie ab und zu eine Auszeit vom manchmal anstrengenden Patchworkalltag finden und gemeinsam Ihre Liebe wieder auftanken.

Petra Schmitz-Blankertz

Petra Schmitz-Blankertz

Paar- und Sexualtherapeutin, Suchttherapeutin, Diplom-Sozialarbeiterin, Heilpraktikerin für Psychotherapie

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