Eine Außenbeziehung kann jemanden manchmal wie eine „Lösung“ erscheinen, da sie den doppelt Gebundenen vielleicht eine Zeit lang zufriedener macht, und er somit daran gehindert wird, sich von seinem Ehepartner zu trennen. Auf Dauer zieht sie aber die (positive) Energie aus der eigentlichen Beziehung, da der andere immer wieder (gedanklich oder zeitlich) mit dem Liebhaber/der Liebhaberin beschäftigt ist – und es geht natürlich auch sehr viel Energie dabei verloren, sich immer wieder neue Lügen und Ausreden einfallen zu lassen und die eigentliche Gefühlslage zu verheimlichen.
Was ist hilfreich, wenn eine Außenbeziehung heraus kommt?
Vorweg gesagt, die meisten sind sehr erschrocken über die Reaktion des Partners, weil sie vielleicht bis dahin geglaubt haben, dass sie ihm mittlerweile sowieso nicht mehr wichtig sind. Oft habe ich in meinen Paarberatungen den Satz gehört: „Ich dachte, es sei dir sowieso egal – du hast dich doch kaum noch für mich interessiert“.
Die wenigsten wollen ihrem Partner weh tun und sind geschockt darüber, wie sehr es den anderen trifft. Für den Betrogenen bricht erst einmal eine Welt zusammen; ihm wird der Boden unter den Füßen weg gezogen, er ist abwechselnd verzweifelt und wütend. Manche drohen im ersten Schock vielleicht auch mit Trennung oder sogar mit Selbstmord, fühlen sich hilflos, emotional abhängig und hoffnungslos. Dies kann bis zu psychosomatischen Symptomen wie Schlafstörungen, Appetitverlust, immer wiederkehrenden Bildern und Gedanken und dem Ausbruch einer Depression führen.
Der doppelt Gebunde wird dann abrupt vor die Wahl gestellt und muss nicht nur dem Partner viele Fragen beantworten, sondern auch sich selber stellen. Vielleicht ging die Außenbeziehung schon eine ganze Weile „gut“, und er wähnte sich in der falschen Sicherheit, dass es immer so weiter gehen könne. Typische Fragen das Partners/der Partnerin sind:
- Liebst Du ihn/sie? Willst Du dich trennen?
- Wie lange geht das schon?
- Warum hast Du das gemacht? Warum hast Du mich die ganze Zeit angelogen?
- Wer weiß alles davon? Wer hat euch gesehen? Mit wem hast du darüber gesprochen
(In der Regel ist damit gemeint: Vor wem hast du mich blamiert? Wer lacht vielleicht heimlich über mich?)
Darauf kommt es jetzt an: Ehrlichkeit, Geduld und Respekt
Wichtig ist jetzt, ehrlich zu sich und dem anderen zu sein. Häufig wird jedoch eine „Salamitaktik“ gefahren, d.h. die Wahrheit wird nur scheibchenweise gesagt, nicht selten aus dem Wunsch heraus, die Krise nicht noch größer werden zu lassen und den Partner und auch den Geliebten zu schonen. Der andere spürt jedoch, wenn er weiterhin angelogen wird und das macht die Sache noch schlimmer.
Ehrlichkeit scheint mir in dieser Situation genauso so wichtig wie Geduld und Respekt dem betrogenen Partner gegenüber, der ein Recht darauf hat, seine Fragen stellen zu können und seine Gefühle zu äußern. Es hilft nicht, wenn er dann hört, dass „es nichts bringe“, wenn er das weiß, oder dass ein Gespräch sogar komplett abgelehnt wird. Allerdings gibt es auch Grenzen der Offenheit, nämlich da, wo ein Partner sehr detailliert nach sexuellen Handlungen und Praktiken fragt. Wenn dies im Rahmen meiner Paartherapie passiert, weise ich darauf hin, dass man sich bei jeder Frage überlegen muss, ob man:
1. mit der Antwort leben kann und ob sie
2. nicht die Qual noch schlimmer macht, weil das „Drehbuch des Kopfkinos“ noch mehr Szenen und Details bekommt, die oft nur belastend sind.
Schuldzuweisungen des doppelt Gebundenen sind aber auch nicht angebracht nach dem Motto: „Hättest du nicht so viel gearbeitet/ genörgelt etc., dann wäre das nicht passiert.“
Es geht nach meiner Meinung nur über den Weg, die Verantwortung zu übernehmen und – wenn man sich für die Fortführung der Beziehung entscheidet – Reue zu zeigen.
Mehr finden Sie in meinen Fachartikeln:
https://paar-fit.de/verzeihen-und-versoehnen-unter-therapeutischer-anleitung/
https://paar-fit.de/untreue-wie-schafft-man-danach-gemeinsam-den-weg-aus-der-krise/